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Kirche in der Welt
Fragen an den emeritierten Papst Benedikt XVI. über das Problem der Rechtfertigung durch den Glauben

Wo Barmherzigkeit ist, endet die Grausamkeit, endet das Böse, endet die Gewalt

Wo Barmherzigkeit ist, endet die Grausamkeit, endet das Böse, endet die Gewalt
Das vorliegende Interview mit Benedikt XVI. wurde in italienischer Sprache im Buch Per mezzo della fede – Dottrina della giustificazione ed esperienza di Dio nella predicazione della Chiesa e negli Esercizi Spirituali veröffentlicht (Cinisello Balsamo, Edizioni San Paolo 2016, 208 S.). Es handelt sich um den von Daniele Libanori SJ herausgegebenen Sammelband mit den Vorträgen des Kongresses zum Thema der Rechtfertigungslehre. Die Fragen stellte der Jesuit Jacques Servais, Schüler von Hans Urs von Balthasar und Experte seines Werkes. Wir veröffentlichen die auf dem Kongress von Erzbischof Georg Gänswein verlesenen Antworten des emeritierten Papstes in der Originalsprache.

Heiligkeit, die Frage, die in diesem Jahr im Rahmen der Studientage (8.-10. Oktober 2015) auf Initiative des Rektorates der Kirche Il Gesù gestellt wurde, ist die Frage der Rechtfertigung durch den Glauben. Der letzte Band Ihrer Gesammelten Schriften (GS IV) hebt Ihre entschiedene Aussage hervor: »Christlicher Glaube ist nicht Idee, sondern Leben.« Sie haben die berühmte Aussage des Paulus (Röm 3,28) kommentiert und in diesem Zusammenhang von einer doppelten Transzendenz gesprochen: »Glaube ist Gabe durch die Gemeinschaft, die sich selbst gegeben wird« (GS IV, S. 512). Könnten Sie erklären, was mit dieser Aussage gemeint ist, natürlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass diese Studientage das Ziel haben, die Pastoraltheologie zu klären und die geistliche Erfahrung der Gläubigen zu beleben?

Benedikt XVI.:
Es geht um die Frage, was Glaube ist und wie man zum Glauben kommt. Glaube ist einerseits eine höchst persönliche Berührung mit Gott, die mich ins Innerste hinein trifft und mich ganz unmittelbar dem lebendigen Gott gegenüberstellt, so daß ich ihn anreden, ihn lieben, mit ihm in Gemeinschaft treten kann. Aber dieses höchst Persönliche hat doch zugleich untrennbar mit Gemeinschaft zu tun: Zum Wesen des Glaubens gehört es, daß er mich in das Wir der Kinder Gottes, in die Weggemeinschaft mit den Brüdern und Schwestern hineinnimmt. Die Begegnung mit Gott bedeutet immer zugleich, daß ich selbst geöffnet, aus meiner Verschließung herausgerissen und in die lebendige Gemeinschaft der Kirche hineingenommen werde. Sie vermittelt mir auch die Begegnung mit Gott, der mich dann freilich ganz persönlich ins Herz trifft.

Der Glaube kommt vom Hören, sagt uns der heilige Paulus. Das Hören schließt also immer schon ein Gegenüber ein. Glaube ist nicht Produkt eines Nachdenkens und auch nicht einer Versenkung in die Tiefen meines Seins, obwohl beides hinzugehören kann. Aber beides bleibt unzulänglich ohne das Hören, durch das Gott von außen her, von einer durch ihn geschaffenen Geschichte her auf mich zutritt. Damit ich glauben kann, bedarf ich zuerst der Zeugen, die Gott begegnet sind und mich für ihn öffnen.

Wenn ich in meinem Artikel über die Taufe über die doppelte Transzendenz der Gemeinschaft gesprochen habe, so kommt darin nochmals ein wichtiges Element zum Vorschein: Die Gemeinschaft des Glaubens schafft sich nicht selbst. Sie ist nicht eine Vereinigung von Menschen, die eine gemeinsame Idee haben und sich entscheiden, zusammen für diese Idee zu wirken. Dann könnten sie nur persönliche Meinungen vertreten und gemeinsam nach Wegen suchen, um diese Ideen zu verwirklichen. Alles würde dann auf einen eigenen Entschluß und letztlich auf dem Mehrheitsprinzip basieren, letztlich also nur doch menschliche Meinung sein. Eine solche Kirche kann mir nicht Garant des ewigen Lebens sein und nicht Entscheidungen von mir fordern, die mich schmerzen und die gegen meine Wünsche stehen. Nein, die Kirche hat sich nicht selbst gemacht, sondern sie ist vom Herrn geschaffen und wird immer wieder von ihm gebildet. Dies drückt sich in den Sakramenten, zuallererst im Sakrament der Taufe aus: In die Kirche trete ich nicht mit einem bürokratischen Akt ein, sondern durch das Sakrament. Das bedeutet, ich werde in eine Gemeinschaft aufgenommen, die nicht von sich selbst kommt und die über sich selbst hinausreicht.

Die Pastoral, die die geistliche Erfahrung der Gläubigen formen will, muß von diesen Grundgegebenheiten ausgehen. Sie muß die Vorstellung einer sich selbst machenden Kirche überwinden und mir zeigen, daß Kirche Gemeinschaft am und im Leib Christi ist. Sie muß in die Begegnung mit Jesus Christus und in seine Anwesenheit im Sakrament hineinführen.

Als Sie Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre waren, haben Sie in einem Kommentar zur Gemeinsamen Erklärung der Katholischen Kirche und des Lutherischen Weltbundes vom 31. Oktober 1999 über die Rechtfertigungslehre einen Mentalitätsunterschied im Hinblick auf Luther und die Frage des Heils und der Glückseligkeit, wie er sie dargelegte, hervorgehoben. Die religiöse Erfahrung Luthers war bestimmt durch die Angst vor dem Zorn Gottes – ein Gefühl, das dem modernen Menschen, der eher durch die Abwesenheit Gottes geprägt ist, überwiegend fremd ist (vgl. Ihren Artikel in Communio 2000, S. 430). Für den Menschen heute lautet das Problem nicht so sehr, wie er sich das ewige Leben sichert, sondern eher, wie er unter den prekären Bedingungen unserer Welt ein gewisses Gleichgewicht eines voll und ganz menschlichen Lebens sicherstellt. Kann die Lehre des Paulus über die Rechtfertigung durch den Glauben in diesem neuen Kontext mit der »religiösen« Erfahrung oder zumindest mit der »elementaren« Erfahrung unserer Zeitgenossen übereinkommen?

Benedikt XVI.: Zunächst möchte ich noch einmal unterstreichen, was ich in Communio im Jahr 2000 zur Rechtfertigungsproblematik gesagt hatte: Für den Menschen von heute haben sich die Dinge gegenüber der Zeit Luthers und gegenüber der klassischen Perspektive des christlichen Glaubens in gewisser Hinsicht umgekehrt: Nicht mehr der Mensch glaubt der Rechtfertigung vor Gott zu bedürfen. Er ist der Meinung, daß Gott sich rechtfertigen müsse angesichts alles Schrecklichen in der Welt und angesichts aller Mühsal des Menschseins, das letztlich doch alles auf sein Konto geht. Ich finde es in dieser Hinsicht bezeichnend, daß ein katholischer Theologe diese Umkehr auch förmlich behauptet: Christus habe nicht für die Sünden der Menschen gelitten, sondern gleichsam die Schuld Gottes abgetragen. Auch wenn eine so drastische Umkehrung unseres Glaubens den meisten Christen doch wohl noch fernliegt, so kommt darin doch eine Grundtendenz unseres Zeitalters zum Vorschein. Wenn Johann Baptist Metz davon spricht, daß die Theologie heute »theodizee-empfindlich« sein müsse, so wird auf eine positive Art dasselbe Problem angesprochen. Abgesehen von dieser radikalen Infragestellung der kirchlichen Sicht des Verhaltens von Gott und Mensch, hat der Mensch von heute ganz generell das Bewußtsein, daß Gott nicht den größeren Teil der Menschheit in die Verdammung abgleiten lassen kann. Insofern ist die Heilssorge im alten Sinn weitgehend verschwunden. [...]
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