Mitglieder der Regierung und des Diplomatischen Korps,
verehrte religiöse und weltliche Würdenträger,
geschätzte Vertreter von Gesellschaft und Kultur,
meine Damen und Herren!
Herzlich grüße ich Sie und danke der Frau Präsidentin für die Willkommensworte, die sie in Ihrem Namen und im Namen aller griechischen Bürger an mich gerichtet hat. Es ist eine Ehre, in dieser ruhmreichen Stadt sein zu dürfen. Ich mache mir die Worte des heiligen Gregor von Nazianz zu eigen: »Athen, golden und Spenderin des Guten ... Während ich die Beredsamkeit suchte, fand ich das Glück« (Rede 43,14). Ich komme als Pilger an diese Orte, die reich an Spiritualität, Kultur und Zivilisation sind, um aus demselben Glück zu schöpfen, das den großen Kirchenvater begeisterte. Es war die Freude daran, die Weisheit zu pflegen und ihre Schönheit zu teilen. Ein Glück also, das nicht individuell und isoliert ist, sondern das, aus dem Staunen geboren, zum Unendlichen strebt und sich der Gemeinschaft öffnet; ein weises Glück, das sich von diesen Orten aus überall verbreitet hat: Ohne Athen und Griechenland wären Europa und die Welt nicht das, was sie sind. Sie wären weniger weise und weniger glücklich.
Von hier aus haben sich die Horizonte der Menschheit geweitet. Auch ich fühle mich eingeladen, den Blick zu erheben und ihn auf dem höchsten Punkt der Stadt, der Akropolis, ruhen zu lassen. Für die Reisenden, die im Laufe der Jahrtausende dort ankamen, war sie schon von weitem sichtbar und bot einen unausweichlichen Hinweis auf das Göttliche. Es ist der Aufruf, die Horizonte nach oben zu erweitern: Vom Olymp über die Akropolis bis hin zum Berg Athos lädt Griechenland die Menschen aller Zeiten dazu ein, die Reise des Lebens nach oben auszurichten, auf Gott hin, denn wir brauchen die Transzendenz, um wirklich menschlich zu sein. Und während man heute im Westen, der von hier aus entstanden ist, dazu neigt, das Bedürfnis nach dem Himmel zu verdrängen, weil man im Rausch tausender irdischer Wettläufe und der unersättlichen Gier eines entpersönlichenden Konsumismus gefangen ist, laden uns diese Orte ein, über das Unendliche zu staunen, über die Schönheit des Seins, über die Freude des Glaubens. Hier verliefen die Wege des Evangeliums, die den Osten und den Westen, die Heiligen Stätten und Europa, Jerusalem und Rom verbunden haben; jene Evangelien, die, um der Welt die frohe Botschaft vom menschenliebenden Gott zu bringen, in Griechisch geschrieben wurden, der unsterblichen Sprache, die das Wort – der Logos – verwendet hat, um sich auszudrücken, der Sprache der menschlichen Weisheit, die zur Stimme der göttlichen Weisheit geworden ist.
Aber in dieser Stadt geht der Blick nicht nur nach oben, sondern auch zum anderen. Daran erinnert uns das Meer, auf das Athen blickt und das die Berufung dieses Landes ausrichtet, das im Zentrum des Mittelmeers liegt, um eine Brücke zwischen den Völkern zu sein. Hier haben große Historiker sich dafür begeistert, die Geschichten von Völkern aus nah und fern zu erzählen. Hier hat man gemäß der bekannten Aussage von Sokrates begonnen, sich nicht nur als Bürger seiner Heimat, sondern der ganzen Welt zu fühlen. Bürger: Hier wurde dem Menschen bewusst, dass er ein »Zoon politikon«, ein »soziales Lebewesen« ist (vgl. Aristoteles, Politik , I, 2), und dass er als Teil einer Gemeinschaft in den anderen nicht Untertanen, sondern Bürger zu erblicken hat, mit denen er die Polis gemeinsam gestalten konnte. Hier wurde die Demokratie geboren. Aus der Wiege wurde Jahrtausende später ein Haus, ein großes Haus demokratischer Völker: Ich beziehe mich auf die Europäische Union und auf den Traum von Frieden und Geschwisterlichkeit, den sie für viele Völker darstellt. [...]
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