Der letzte offizielle Programmpunkt am frühen Abend des ersten Tages war die heilige Messe im Rajamangala-Stadion in Bangkok, an der knapp 45.000 Menschen teilnahmen, weitere 15.000 in einem Nachbarstadion. Unter den Gläubigen waren zahlreiche Gruppen ethnischer Minderheiten, in Thailand lebende Vietnamesen sowie Gläubige aus den Nachbarländern. Die katholische Kirche Thailands begeht in diesem Jahr den 350. Jahrestag der Errichtung des ersten katholischen Verwaltungsbezirks in der Region. 1669 begründete Papst Clemens IX. das Apostolische Vikariat Siam. Dieses Jubiläum, das auch Anlass des aktuellen Papstbesuchs ist, solle ein »Feuer der Hoffnung sein«, so der Papst. Er sagte in seiner Predigt auf Spanisch, die abschnittsweise ins Thailändische übersetzt wurde:
»Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brüder?« (Mt 12,48). Mit dieser Frage forderte Jesus die Menge, die ihm zugehört hatte, heraus, über etwas scheinbar Offensichtliches und Sicheres nachzudenken: Wer sind unsere Familienmitglieder, diejenigen, die zu uns gehören und zu denen wir gehören? Er lässt diese Frage in ihnen nachklingen und gibt ihnen eine klare neue Antwort: »Wer den Willen meines himmlischen Vaters tut, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter« (Mt 12,50). Auf diese Weise bricht er nicht nur die religiösen und rechtlichen Bestimmungen der damaligen Zeit auf, er wendet sich damit auch gegen all die übertriebenen Ansprüche derer, die meinten, sie hätten ihm gegenüber Vorrechte. Das Evangelium ist eine Einladung und ein freies Recht für alle, die zuhören wollen.
Es überrascht, wie viele Fragen im Evangelium auftauchen, die darauf abzielen, zu verunsichern und aufzurütteln sowie die Jünger einzuladen, sich auf den Weg zu machen, um jene Wahrheit zu entdecken, die fähig ist, Leben zu geben und zu zeugen; Fragen, die darauf abzielen, das Herz und den Horizont für die Begegnung mit etwas Neuem zu öffnen, das unvorstellbar schöner ist als alles sonst. Immer wollen die Fragen des Meisters unser Leben und das unserer Gemeinschaft mit noch nie dagewesener Freude erneuern (vgl. Apostolisches Schreiben Evangelii gaudium, 11).
So erging es auch den ersten Missionaren, die sich auf den Weg machten und hierher gelangten. Als sie auf das Wort des Herrn hörten und versuchten, seinem Willen zu folgen, erkannten sie, dass sie zu einer viel größeren Familie gehörten als jener, die durch die Bande des Blutes oder der Kultur, einen bestimmten Ortsbezug oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe definiert ist. Angetrieben von der Kraft des Geistes und mit dem Proviant der Hoffnung, die aus der Frohen Botschaft des Evangeliums kommt, machten sie sich auf den Weg, um die Mitglieder dieser ihrer Familie zu treffen, die sie noch nicht kannten. Sie zogen aus, um ihre Gesichter zu suchen. Ihre Herzen mussten sich für ein neues Denken öffnen, das in der Lage ist, alle Adjektive zu überwinden, die immer zur Spaltung führen. Und so fanden sie viele thailändische Mütter und Geschwister, die ihnen an ihrem Sonntagstisch noch fehlten – nicht nur um ihnen etwas geben zu können, sondern auch, um von ihnen das zu erhalten, was sie selbst brauchten, um im Glauben und im Verständnis der Schrift zu wachsen (vgl. Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution Dei Verbum, 8). [...]
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