Mit Blick auf den wachsenden Zustrom von Migranten nach Europa hat Papst Franziskus Verständnis für »Ängste und Unsicherheiten« gezeigt. Dem komplexen Thema müsse man sich aber gemeinschaftlich stellen und es in eine weitere zeitliche und räumliche Perspektive einordnen, sagte er in der ersten Rede seines Besuchs auf der Mittelmeerinsel Malta. Maltas Staatspräsident George Vella dankte dem Papst für seinen Einsatz für Frieden, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. In seiner Begrüßungsansprache an den Heiligen Vater bekräftigte Vella zudem die Bereitschaft seines Landes, sich um eine »menschliche, gerechte und faire Lösung des Problems irregulärer Migration« zu bemühen.
Herr Staatspräsident
Mitglieder der Regierung und des Diplomatischen Korps,
verehrte religiöse und zivile Würdenträger,
geschätzte Vertreter von Gesellschaft und Kultur,
meine Damen und Herren!
Herzlich grüße ich Sie und danke dem Herrn Präsidenten für die freundlichen Worte, die er im Namen aller Bürger an mich gerichtet hat. Ihre Vorfahren haben den Apostel Paulus auf seinem Weg nach Rom beherbergt und ihm und seinen Mitreisenden »ungewöhnliche Menschenfreundlichkeit« (Apg 28,2) erwiesen; jetzt komme ich von Rom und erlebe ebenso die herzliche Gastfreundschaft der Malteser, einen Schatz, der im Land von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Aufgrund seiner Lage kann Malta als das Herz des Mittelmeerraums bezeichnet werden. Aber nicht nur aufgrund seiner Lage: Die Verflechtung historischer Ereignisse und das Zusammentreffen von Bevölkerungen haben diese Inseln seit Jahrtausenden zu einem Zentrum von Vitalität und Kultur, von Spiritualität und Schönheit gemacht, zu einem Knotenpunkt, der Einflüsse aus vielen Gebieten aufnehmen und in Einklang bringen konnte. Diese Vielfalt an Einflüssen erinnert an die Unterschiedlichkeit der Winde, die das Land prägen. Es ist kein Zufall, dass die Windrose in alten kartografischen Darstellungen des Mittelmeers häufig in der Nähe der Insel Malta zu finden ist. Ich möchte das Bild der Windrose, die die Luftströme nach den vier Himmelsrichtungen einteilt, entlehnen, um vier Einflüsse zu veranschaulichen, die für das soziale und politische Leben in diesem Land wesentlich sind.
Die Winde wehen auf den maltesischen Inseln überwiegend aus Nordwest. Der Norden erinnert an Europa, insbesondere an das Haus der Europäischen Union, das so gebaut wurde, dass dort eine große Familie leben kann, die in der Bewahrung des Friedens vereint ist. Einheit und Frieden sind die Gaben, um die das maltesische Volk Gott jedes Mal bittet, wenn es die Nationalhymne anstimmt. Das von Dun Karm Psaila verfasste Gebet lautet: »Gewähre, allmächtiger Gott, Weisheit und Barmherzigkeit den Regierenden, Gesundheit den Arbeitenden und sichere dem maltesischen Volk Einheit und Frieden.« Der Friede folgt der Einheit und entspringt aus ihr. Dies erinnert uns daran, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten, den Zusammenhalt über die Spaltung zu stellen und die gemeinsamen Wurzeln und Werte zu stärken, die die Einzigartigkeit der maltesischen Gesellschaft geformt haben. [...]
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