Brüder und Schwestern!
Gestattet mir, dass ich mich mit diesen direkten und vertrauten Worten an euch wende: Brüder und Schwestern. Auf diese Weise möchte ich euch, die religiösen Führer und Autoritäten, die Mitglieder des Diplomatischen Korps und der internationalen Organisationen, die Vertreter der akademischen und kulturellen Institutionen, der Zivilgesellschaft und der verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, im Namen jener Geschwisterlichkeit grüßen, die uns alle als Kinder desselben Himmels vereint.
Angesichts des Geheimnisses des Unendlichen, das uns überragt und anzieht, erinnern uns die Religionen daran, dass wir Geschöpfe sind: Wir sind nicht allmächtig, sondern Frauen und Männer auf dem Weg zum selben Himmel. Die Geschöpflichkeit, die wir teilen, schafft also eine Gemeinsamkeit, eine echte Geschwisterlichkeit. Sie erinnert uns daran, dass sich der Sinn des Lebens nicht auf unsere persönlichen Interessen reduzieren kann, sondern in der Geschwisterlichkeit eingeschrieben ist, die uns auszeichnet. Wir wachsen nur mit den anderen und dank der anderen. Liebe Oberhäupter und Vertreter der Weltreligionen und der traditionellen Religionen, wir befinden uns in einem Land, das im Laufe der Jahrhunderte von großen Karawanen durchquert wurde: So viele Geschichten, Ideen, Glaubensrichtungen und Hoffnungen haben sich an diesen Orten miteinander verwoben. Möge Kasachstan wieder ein Land der Begegnung zwischen denen werden, die weit entfernt voneinander sind. Möge es eine neue Seidenstraße eröffnen, bei der es nicht um den Wert des Handels, sondern um die menschlichen Beziehungen geht: um den Respekt, um die Ehrlichkeit des Dialogs, um den unabdingbaren Wert eines jeden, um die Zusammenarbeit; ein geschwisterlicher Weg, der dazu dient, gemeinsam auf den Frieden zuzugehen.
Gestern habe ich das Bild der Dombra herangezogen; heute möchte ich dem Musikinstrument eine Stimme beigesellen, nämlich die des berühmtesten Dichters des Landes, des Vaters seiner modernen Literatur, des Pädagogen und Komponisten, der oft mit der Dombra dargestellt wird. Abai (1845-1904), wie er im Volksmund genannt wird, hat uns von Religiosität durchdrungene Schriften hinterlassen, in denen die beste Seite der Seele dieses Volkes durchscheint: eine harmonische Weisheit, die sich nach Frieden sehnt und ihn sucht, indem sie sich selbst in Demut hinterfragt, die sich nach einer menschenwürdigen Weisheit sehnt, die sich nie in enge und begrenzte Visionen verschließt, sondern bereit ist, sich von vielfältigen Erfahrungen inspirieren und provozieren zu lassen. Abai provoziert uns mit einer zeitlosen Frage: »Was ist die Schönheit des Lebens, wenn man nicht in die Tiefe geht?« (Poesie , 1898). [...]
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