Am Nachmittag des 12. September traf Franziskus mit Vertretern der elf christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zusammen, die in der Slowakei präsent sind. Zu Beginn der ökumenischen Begegnung erinnerte der Vorsitzende des slowakischen Kirchenrats, der lutherische Bischof Ivan Elko, an ökumenische Vereinbarungen der vergangenen Jahrzehnte, darunter die gegenseitige Anerkennung der Taufe. Papst Franziskus forderte in seiner Ansprache die Christen des Landes zu neuem prophetischen Schwung auf. Er sagte:
Liebe Mitglieder des Ökumenischen Rates der Kirchen in der Slowakischen Republik,
ich grüße euch herzlich und danke euch, dass ihr die Einladung angenommen habt und mir entgegengekommen seid. Ich bin hier als Pilger in der Slowakei und ihr als geschätzte Gäste in der Nuntiatur! Ich freue mich, dass diese Begegnung mit euch am Beginn meines hiesigen Aufenthalts steht. Dies ist ein Zeichen dafür, dass der christliche Glaube in diesem Land eine Keimzelle der Einheit und ein Sauerteig der Geschwisterlichkeit ist – und sein will. Danke, Eure Seligkeit, verehrter Bruder Rastislav, für Ihre Anwesenheit; danke, lieber Bischof Ivan, Präsident des Ökumenischen Rates, für die Worte, die Sie an mich gerichtet haben und die die Entschlossenheit zu einem gemeinsamen Weg bezeugen, um vom Konflikt zur Gemeinschaft zu gelangen.
Der Weg eurer Gemeinschaften hat nach den Jahren der atheistischen Verfolgung, in denen die Religionsfreiheit verhindert oder auf eine harte Probe gestellt wurde, wieder Fahrt aufgenommen. Endlich gab es Religionsfreiheit. Und nun geht ihr ein Stück des Weges gemeinsam, wobei ihr erfahrt, wie schön, aber auch wie schwierig es ist, den Glauben als freie Menschen zu leben. Es besteht in der Tat die Versuchung, wieder zu Sklaven zu werden, nicht eines Regimes, sondern einer noch schlimmeren Sklaverei, nämlich der inneren.
Davor warnte Dostojewski in der berühmten Erzählung Der Großinquisitor. Jesus ist auf die Erde zurückgekehrt und wird gefangengenommen. Der Inquisitor geht ihn mit harten Worten an. Er wirft ihm vor, der menschlichen Freiheit zu viel Bedeutung beigemessen zu haben. Er sagt zu ihm: »Du willst in die Welt gehen, und du gehst mit leeren Händen dorthin, mit der Verheißung einer Freiheit, die die Menschen in ihrer Einfalt und ihrer angeborenen Verwirrtheit nicht einmal begreifen können, die sie in Angst und Schrecken versetzt, weil für den Menschen nichts jemals unerträglicher war als die Freiheit!« (Die Brüder Karamasow). Und er geht noch weiter und fügt hinzu, dass die Menschen gerne bereit sind, ihre Freiheit gegen eine bequemere Form der Sklaverei einzutauschen, nämlich die, sich jemandem zu unterwerfen, der für einen entscheidet, nur um Brot und Sicherheit zu haben. Und so wirft er Jesus schließlich vor, dass er nicht Kaiser werden wollte, wodurch er das Gewissen der Menschen beugen und mit Gewalt Frieden hätte stiften können. Stattdessen hielt er lieber an der Freiheit des Menschen fest, während die Menschheit »Brot und kaum etwas Anderes« verlangt. [...]
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