Am Freitagabend, 25. Januar, betete Papst Franziskus mit den Jugendlichen den Kreuzweg. Zu Beginn begrüßte er sie mit den folgenden improvisierten Worten auf Spanisch:
Liebe junge Freunde aus der ganzen Welt!
Mit Jesus zu gehen ist immer eine Gnade und ein Risiko.
Eine Gnade, weil es uns dazu bringt, im Glauben zu leben und Jesus zu erkennen, in sein tiefstes Inneres vorzudringen und die Kraft seines Wortes zu begreifen.
Es ist aber auch ein Risiko, weil die Worte Jesu, seine Gesten und Handlungen der Mentalität der Welt entgegenstehen: der menschlichen Ruhmsucht sowie ihrem Hang zu einer Wegwerfkultur und zur Lieblosigkeit.
Es gibt eine Gewissheit, die diesen Kreuzweg mit Hoffnung erfüllt: Jesus ist diesen Weg mit Liebe gegangen. Und auch die glorreiche Jungfrau hat diesen Weg miterlebt, sie, die von den Anfängen der Kirche an mit ihrer Zärtlichkeit den Weg der Verkündigung des Evangeliums unterstützen wollte.
Der Kreuzweg fand an einem 2,5 Kilometer langen Abschnitt der Cinta Costera, der zentralen Verkehrsader an der Küste Panamas, statt. Nach Angaben der Weltjugendtagsveranstalter waren es mehrere Hunderttausend Teilnehmer. Die 14 Stationen des Kreuzwegs wurden mit Gebeten und Meditationen von Gruppen aus Nord-, Zentral- und Südamerika zu Leidensgeschichten der Menschen von heute gestaltet. Christen sollten »das gegeißelte und mit Dornen gekrönte Herz all jener schützen, heilen und mit Hoffnung erfüllen, die ihre Heimat verloren haben«, baten junge Katholiken aus Venezuela für Migranten und Flüchtlinge. Ihr Land, das seit Jahren unter einer schweren politischen und wirtschaftlichen Krise leidet, haben mittlerweile drei Millionen Menschen verlassen. Teilnehmer aus Mexiko sprachen die Geißeln ihres Landes an, Terror und Morde, Jugendliche aus der Dominikanischen Republik die in Lateinamerika weit verbreitete Gewalt gegen Frauen. Vertreter aus Guatemala, wo große Teile der Bevölkerung zum Volk der Maya gehören, benannten das Leid indigener Völker in Lateinamerika, Jugendliche aus Kolumbien das Thema Menschenrechte.
Im Anschluss an den Kreuzweg hielt Papst Franziskus folgende Meditation:
Herr, Vater der Barmherzigkeit, an dieser Cinta Costera haben wir zusammen mit vielen Jugendlichen aus der ganzen Welt deinen Sohn auf dem Kreuzweg begleitet; dem Weg, den er für uns gehen wollte, um uns zu zeigen, wie sehr du uns liebst und wie sehr du an unserem Leben Anteil nimmst.
Der Weg Jesu nach Golgota ist ein Weg des Leidens und der Einsamkeit, den er in unseren Tagen fortsetzt. Er geht und leidet in vielen Gesichtern aufgrund der selbstgenügsamen und betäubenden Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft, einer Gesellschaft, die konsumiert und sich verbraucht, die am Leiden ihrer Geschwister vorbeigeht und so sich selbst ignoriert.
Auch wir, deine Freunde, Herr, lassen uns von der Apathie und der Unbeweglichkeit ergreifen. Nicht selten hat der Konformismus uns besiegt und gelähmt. Es war schwierig, dich im leidenden Bruder oder in der leidenden Schwester zu erkennen: Wir haben den Blick abgewendet, um nicht zu sehen; wir haben im Lärm Zuflucht genommen, um nicht zu hören; wir haben den Mund verschlossen, um nicht zu schreien.
Immer dieselbe Versuchung. Es ist einfacher und »lohnender«, in Zeiten von Sieg und Ruhm, Erfolg und Applaus Freunde zu sein; es ist einfacher, dem nahe zu sein, der als beliebt und siegreich gilt.
Wie einfach ist es, der Kultur des Mobbings, der Belästigung, der Einschüchterung, der Wut gegenüber dem Schwachen zu verfallen!
Bei dir ist es nicht so, Herr: Am Kreuz hast du dich mit jedem Leiden identifiziert, mit all denen, die sich vergessen fühlen. [...]
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