Liebe Brüder und Schwestern, guten Abend!
Herzlich grüße ich die Frau Generalgouverneurin und euch alle und freue mich, euch zu treffen. Ich danke euch für eure Worte, aber auch für die Gesänge, die Tänze und die Musik, die ich sehr geschätzt habe!
Gerade habe ich einigen von euch ehemaligen Schülern der Internatsschulen zugehört: ich danke euch für den Mut für das, was ihr gesagt habt, und das Mitteilen des großen Leides, das ich mir nicht vorgestellt hätte. Das hat in mir die Empörung und die Beschämung wiedererweckt, die mich schon seit Monaten begleiten. Auch heute, auch hier, möchte ich euch sagen, dass ich sehr traurig bin und um Vergebung bitten möchte für das Böse, das von nicht wenigen Katholiken begangen wurde, die in diesen Schulen zu der Politik der kulturellen Assimilation und der Entrechtung beigetragen haben. Mamianak (es tut mir leid). Ich wurde an die Aussage eines älteren Menschen erinnert, der die Schönheit der Stimmung beschrieb, die in den Familien der Indigenen herrschte, bevor das System der Residential Schools eingeführt wurde. Er verglich diese Zeit, in der Großeltern, Eltern und Kinder harmonisch zusammenlebten, mit dem Frühling, wenn die kleinen Vögel fröhlich um ihre Mutter herum zwitschern. Aber plötzlich, so sagte er, hat das Singen aufgehört: Die Familien sind auseinandergerissen worden, die Kleinen wurden weggebracht, weit weg von ihrem Umfeld; über alles ist der Winter hereingebrochen.
Solche Worte sind schmerzhaft und rufen zugleich Entrüstung hervor, und dies umso mehr, wenn man sie dem Wort Gottes gegenüberstellt, das gebietet: »Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt!« (Ex 20,12). Diese Möglichkeit hat es für viele eurer Familien nicht gegeben, sie ist verschwunden, als Kinder von ihren Eltern getrennt wurden und das eigene Land als gefährlich und fremd empfunden wurde. Diese erzwungenen Assimilierungen erinnern an eine andere biblische Erzählung, nämlich an die Geschichte des gerechten Nabot (vgl. 1 Kön 21), der den von seinen Vätern geerbten Weinberg nicht an die Herrscher abtreten wollte, die ihrerseits zu jedem Mittel bereit waren, um ihn ihm zu entreißen. Und es kommen einem auch die eindringlichen Worte Jesu gegen diejenigen in den Sinn, die den Kleinen Ärgernis geben und auch nur einen von ihnen verachten (vgl. Mt 18,6.10). Wie viel Bosheit liegt darin, die Bande zwischen Eltern und Kindern zu zerreißen, die liebsten emotionalen Bindungen zu verwunden, die Kleinen zu schädigen und ihnen Ärgernis zu geben!
Liebe Freunde, wir sind hier mit dem Wunsch, gemeinsam einen Weg der Heilung und Versöhnung zu beschreiten, der uns mit der Hilfe des Schöpfers helfen möge, Licht in die Geschehnisse zu bringen und die dunkle Vergangenheit zu überwinden. Im Zusammenhang mit der Überwindung der Dunkelheit: Auch jetzt habt ihr wie bei unserem Treffen Ende März das Qulliq angezündet. Es sorgte nicht nur für Licht in den langen Winternächten, sondern es ermöglichte auch, den Unbilden des Klimas zu trotzen, indem es Wärme spendete: Es war also lebensnotwendig. Auch heute noch ist es ein wunderschönes Symbol für das Leben, für ein leuchtendes Leben, das sich nicht der Dunkelheit der Nacht unterwirft. So seid ihr ein immerwährendes Zeugnis für das Leben, das nicht verlöscht, für ein Licht, das strahlt und das niemand zu ersticken vermocht hat. [...]
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