Liebe Mitbrüder im Bischofsamt, liebe Priester und Diakone, liebe gottgeweihte Frauen und Männer, Seminaristen und pastorale Mitarbeiter, guten Abend! Ich danke Erzbischof Poisson für die Willkommensworte, die er an mich gerichtet hat, und grüße euch alle, vor allem diejenigen, die einen weiten Weg zurücklegen mussten, um hierher zu kommen: die Entfernungen in eurem Land sind wirklich groß! Daher: danke! Ich freue mich, euch zu treffen.
Es ist bezeichnend, dass wir uns in der Basilika Notre-Dame de Québec befinden, der Kathedrale dieser Teilkirche und dem Primatialsitz Kanadas, dessen erster Bischof, der heilige François de Laval, 1663 das Priesterseminar eröffnete und sich während seiner gesamten Amtszeit um die Ausbildung von Priestern kümmerte. Über die »Ältesten«, also die Priester, sprach die Kurzlesung, die wir gehört haben. Petrus ermahnt uns: »Weidet die euch anvertraute Herde Gottes, nicht gezwungen, sondern freiwillig« (1 Petr 5,2). Während wir hier als Volk Gottes versammelt sind, lasst uns daran denken, dass Jesus der Hirte unseres Lebens ist, der sich um uns kümmert, weil er uns wirklich liebt. Uns, den Hirten der Kirche, wird dieselbe Großzügigkeit beim Hüten der Herde abverlangt, damit die Sorge Jesu für alle und sein Mitgefühl für die Wunden eines jeden sichtbar werden können.
Und gerade weil wir Zeichen Christi sind, ermahnt uns der Apostel Petrus: Weidet die Herde, leitet sie, lasst sie nicht in die Irre gehen, während ihr euren persönlichen Angelegenheiten nachgeht. Sorgt euch mit Hingabe und Zärtlichkeit um sie. Und – so fügt er hinzu – tut es »freiwillig«, nicht gezwungenermaßen: nicht als ein Muss, nicht als bezahlte Geistliche oder Sakralbeamte, sondern mit dem Herzen eines Hirten, mit Begeisterung. Wenn wir auf ihn, den Guten Hirten anstatt zuerst auf uns selbst schauen, entdecken wir, dass wir zärtlich umsorgt werden, spüren wir die Nähe Gottes. Daher rührt die Freude am Dienst und noch davor die Freude am Glauben: nicht, weil wir sehen, was wir selbst schaffen können, sondern weil wir wissen, dass uns Gott nahe ist, dass er uns zuerst geliebt hat und uns jeden Tag begleitet.
Das, liebe Brüder und Schwestern, ist unsere Freude: keine billige Freude, wie sie uns die Welt manchmal vorgaukelt, indem sie uns mit Feuerwerken blendet; unsere Freude ist nicht an Reichtum und Sicherheit gebunden; ebenso wenig ist sie an die Überzeugung geknüpft, dass das Leben immer gut für uns verlaufen wird, ohne Kreuze und Probleme. Die christliche Freude vereint sich vielmehr mit einer Erfahrung des Friedens, der in unserem Herzen bleibt, auch wenn wir von Prüfungen und Bedrängnissen heimgesucht werden, weil wir wissen, dass wir nicht allein sind, sondern von einem Gott begleitet werden, dem unser Schicksal nicht gleichgültig ist. Wie wenn die See rau ist: an der Oberfläche ist es stürmisch, aber in der Tiefe bleibt es ruhig und friedlich. Das ist die christliche Freude: ein ungeschuldetes Geschenk, die Gewissheit, dass wir in jeder Lebenssituation von Christus geliebt, gehalten, umarmt werden. Denn er ist es, der uns von Egoismus und Sünde, von der Traurigkeit der Einsamkeit, von innerer Leere und Angst befreit und uns eine neue Sicht auf das Leben, eine neue Sicht auf die Geschichte schenkt: »Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder – die Freude« (Evangelii gaudium, 1). Und so können wir uns fragen: Wie steht es um unsere Freude? Wie steht es um meine Freude? Bringt unsere Kirche die Freude des Evangeliums zum Ausdruck? Gibt es in unseren Gemeinschaften einen Glauben, der durch die Freude, die er vermittelt, anziehend wirkt? [...]
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