Die erste heilige Messe auf chilenischem Boden feierte Papst Franziskus am 16. Januar in Santiago de Chile. Unter den rund 400.000 Gläubigen waren teils beträchtliche Pilgergruppen auch aus anderen Ländern Lateinamerikas. Vertreter unterschiedlicher Volksgruppen Chiles brachten in ihren Trachten die Gaben zum Altar (Bild rechts). In seiner Predigt sagte der Papst:
»Als Jesus die vielen Menschen sah« (Mt 5,1). In diesen ersten Worten aus dem Evangelium, das wir gerade gehört haben, finden wir die Haltung, mit der Jesus uns entgegengehen will, dieselbe Haltung, mit der Gott sein Volk immer überrascht hat (vgl. Ex 3,7). Die erste Haltung Jesu ist es, nach den Gesichtern der Seinen Ausschau zu halten und sie anzublicken. Diese Gesichter setzen die abgründige Liebe Gottes in Bewegung. Es waren nicht Ideen oder Konzepte, die Jesus bewegten … es sind die Gesichter, die Personen; es ist das Leben, das nach dem Leben ruft, das der Vater uns übermitteln will.
Als er die vielen Menschen sah, traf Jesus auf die Gesichter der Menschen, die ihm folgten, und das Schönste ist es zu sehen, dass sie ihrerseits im Blick Jesu das Echo ihres Suchens und Sehnens finden. Aus dieser Begegnung entsteht dieser Katalog der Seligpreisungen, die der Horizont sind, dem zu folgen wir eingeladen und herausgefordert sind. Die Seligpreisungen entstehen nicht aus einer passiven Haltung angesichts der Realität; ebenso wenig können sie von einem Zuschauer kommen, der zu einem traurigen Aufzeichner von Statistiken des Geschehenden wird. Sie gehen nicht von Unheilspropheten aus, die sich daran erfreuen, Hoffnungslosigkeit zu säen. Und auch nicht aus Trugbildern, die uns mit einem »Klick« in einem Augenblick Glück versprechen. Im Gegenteil, die Seligpreisungen haben ihren Ursprung im mitfühlenden Herzen Jesu, das den mitleidenden und mitleidsbedürftigen Herzen der Menschen begegnet, die nach einem gesegneten Leben suchen und sich danach sehnen; von Menschen, die mit dem Leid vertraut sind; die die Bestürzung und den Schmerz kennen, der entsteht, wenn »der Boden unter den Füßen bebt« oder »die Träume weggespült werden « und die Arbeit eines ganzen Lebens zusammenbricht; aber noch besser kennen sie die Beharrlichkeit und den Kampf um das Vorwärtskommen, das Wiederaufbauen und das Wiederanfangen.
Wie sehr kennt sich das chilenische Herz mit Wiederaufbau und Neuanfang aus; wie sehr wisst ihr um das Aufstehen nach so vielen Stürzen! An dieses Herz wendet sich Jesus; auf dass dieses Herz die Seligpreisungen empfange!
Die Seligpreisungen entstehen nicht aus nörglerischen Haltungen und auch nicht aus dem »billigen Geschwätz« derjenigen, die glauben, alles zu wissen, aber sich für nichts und niemanden einsetzen wollen und schließlich jede Möglichkeit lahmlegen, Wandlungs- und Wiederaufbauprozesse in unseren Gemeinschaften, in unserem Leben anzustoßen. Die Seligpreisungen kommen aus dem barmherzigen Herzen, das nicht müde wird zu hoffen. Und es erfährt: Die Hoffnung ist »der neue Tag, die Ausrottung des Stillstands, das Abschütteln einer negativen Niedergeschlagenheit« (Pablo Neruda, El habitante y su esperanza, 5). [...]
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