Papst Franziskus hat am Samstag, 16. April, einen fünfstündigen Besuch bei Flüchtlingen auf der Ägäis-Insel Lesbos abgestattet. Er nannte das Schicksal der Millionen Notleidenden, die auf Asyl hofften, »die schlimmste Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg.« Bei der Einfahrt in das Flüchtlingslager Moria wurde der Papst von Hunderten dort einquartierter Menschen, die mit Booten über die Ägäis gekommen waren, stürmisch begrüßt.
Er wollte die Insel nicht verlassen, ohne ein konkretes Zeichen zu setzen: Auf dem Rückflug von Lesbos flogen im Airbus des Papstes zwölf syrische Flüchtlinge mit nach Rom. Es handelte sich um drei muslimische Familien mit insgesamt sechs Kindern (siehe Abb.). Franziskus begrüßte die Flüchtlinge persönlich auf dem Flughafen von Mytilini. Sie waren bereits vor dem Inkrafttreten des Abkommens zwischen der EU und der Türkei in das Aufnahmelager gekommen. Der Vatikan sorgt für Aufnahme und Versorgung der Flüchtlinge. Zunächst wurden sie in Rom von der Gemeinschaft Sant’Egidio untergebracht und betreut. Der Heilige Vater sagte im Flüchtlingslager:
Liebe Brüder und Schwestern, ich wollte heute bei euch sein. Ich möchte euch sagen, dass ihr nicht alleine seid. In diesen Monaten und Wochen habt ihr auf eurer Suche nach einem besseren Leben viel Leid erfahren. Viele von euch haben sich gezwungen gesehen, aus Situationen des Konfliktes und der Gewalt zu fliehen, vor allem um eurer Kinder willen, den Kleinsten zuliebe. Ihr habt für eure Familien große Opfer auf euch genommen. Ihr kennt den Schmerz, alles zurückgelassen zu haben, was euch lieb war, und – was vielleicht am schwersten ist – nicht zu wissen, was die Zukunft bringen wird. Auch viele andere warten wie ihr in Lagern oder Städten in der Hoffnung, auf diesem Kontinent ein neues Leben aufzubauen.
Ich bin hierhergekommen mit meinen Brüdern, dem Patriarchen Bartholomaios und dem Erzbischof Hieronymos, einfach um bei euch zu sein und eure Geschichten anzuhören. Wir sind gekommen, um die Aufmerksamkeit der Welt auf diese schwere humanitäre Krise zu lenken und ihre Lösung zu erflehen. Als Männer des Glaubens möchten wir unsere Stimmen vereinen und offen in eurem Namen sprechen. Wir hoffen, dass die Welt diese Situationen tragischer und wirklich verzweifelter Not beachtet und in einer Weise reagiert, die unserem gemeinsamen Menschsein würdig ist.
Gott hat die Menschheit so erschaffen, dass sie eine einzige Familie bilden sollte; wenn irgendeiner unserer Brüder und Schwestern leidet, sind wir alle betroffen. Wir alle wissen aus Erfahrung, wie leicht es einigen fällt, vom Leiden der anderen keine Notiz zu nehmen und sogar ihre Verwundbarkeit auszunutzen. Aber wir wissen auch, dass diese Krisen unser Bestes zutage fördern können. Das habt ihr bei euch selbst und im griechischen Volk gesehen, das inmitten seiner eigenen Schwierigkeiten großherzig auf eure Not reagiert hat. Ihr habt es auch bei den vielen Menschen – besonders bei den Jugendlichen aus ganz Europa und der Welt – gesehen, die gekommen sind, um euch zu helfen. Ja, und so viel mehr muss noch getan werden! Doch lasst uns Gott danken, dass er uns in unserem Leiden niemals alleinlässt. Immer gibt es jemanden, der eine Hand reichen und uns helfen kann. [...]
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